Der Wasserstoff-Regenbogen: Farben und Nachhaltigkeit sauberer Energie 

Von Schwarz, das mit fossilen Brennstoffen verbunden wird, über Grün bis hin zum vielversprechenden Türkis erzählt der „Wasserstoff-Regenbogen“ die verschiedenen Wege hin zu nachhaltigerer Energie. Über die Farben hinaus sind strenge Kriterien erforderlich, um die Umweltauswirkungen zu messen und zu verstehen, welcher der Energieträger der Zukunft sein wird. Während weißer Wasserstoff am Horizont zu sehen ist  

Ein farbloses, aber nicht harmloses Gas 

Es ist paradox, von einem Wasserstoff-Regenbogen zu sprechen, wenn man sich auf ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas bezieht. Diese Eigenschaften, die Wasserstoff scheinbar zu einem „reinen“ Gas machen, stellen hingegen eine technische und sicherheitsrelevante Herausforderung dar: Sein Molekül ist nämlich so klein und flüchtig, dass es schwierig ist, Duftzusätze hinzuzufügen, während die fast transparente Flamme unbemerkt bleiben und damit ein nicht zu vernachlässigendes Risiko in privaten Haushalten darstellen kann. 

Dennoch wird Wasserstoff weiterhin als Energieträger der Zukunft beschworen, dank seines hohen Heizwerts und der Tatsache, dass er bei der Verbrennung nur Wasser als Abfallprodukt freisetzt. Leider ist aber nicht jeder Wasserstoff „grün“, da sein ökologischer Fußabdruck vollständig von der Art und Weise abhängt, wie er hergestellt wird. 

Der Wasserstoff-Regenbogen 

Zur Unterscheidung der verschiedenen Ursprünge und Umweltauswirkungen der Produktion haben Wissenschaft und Industrie den sog. „hydrogen rainbow“ eingeführt, eine Farbskala, die zwar international noch nicht anerkannt ist, aber dabei hilft, den Grad der Nachhaltigkeit der verschiedenen Technologien zu verstehen. 

An der Basis des Farbspektrums befindet sich schwarzer oder brauner Wasserstoff, der durch die Vergasung von Stein- oder Braunkohle gewonnen wird. Er ist am umweltschädlichsten, da er große Mengen an CO₂ und anderen schädlichen Nebenprodukten erzeugt und freisetzt. 

Es folgt grauer Wasserstoff, der durch Dampfreformierung von Methan ohne Kohlenstoffabscheidung hergestellt wird. Er ist heute die am weitesten verbreitete Form: Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) stammen immer noch mehr als 95 % des weltweiten Wasserstoffs aus Prozessen dieser Art, mit einem sehr hohen ökologischen Fußabdruck. 

Von fossilen zu „sauberen“ Versionen 

Zur Emisssionsreduzierung wurde die Kategorie blauer Wasserstoff entwickelt, die die gleiche Technik der Dampfreformierung verwendet, aber CO₂-Abscheidungs-, Nutzungs- und Speichersysteme integriert. 

Es handelt sich um eine Übergangslösung: sie hat weniger Umweltauswirkungen, ist aber technisch komplex und teuer

Ein innovativerer Ansatz ist türkiser Wasserstoff, der durch Methanpyrolyse gewonnen wird. Dabei wird das Gas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten, wobei die Bildung von Kohlendioxid verhindert wird. Der Restkohlenstoff kann gespeichert oder in industriellen Anwendungen verwendet werden. In Form von Pflanzenkohle (Biochar) kann Kohlenstoff in Böden eingebracht werden, um deren Fruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit zu verbessern, oder als Filtermaterial bei der Wasseraufbereitung oder industriellen Gasaufbereitung eingesetzt werden. 

In Deutschland und Japan werden Verfahren untersucht, um leitfähige Materialien zu erhalten, die als Anoden oder Additive in Lithium-Ionen- oder Natrium-Ionen-Batterien oder in Superkondensatoren verwendet werden. 

Der Zweck einiger Pilotprojekte besteht gerade darin, die Produktion von Wasserstoff und Materialien für die Energiespeicherung zu integrieren

Es handelt sich um eine vielversprechende Technologie, die aber noch experimentell und auf kommerzieller Ebene nicht weit verbreitet ist. 

Grüner Wasserstoff: das nachhaltige Versprechen 

Wird die Elektrolyse von Wasser mit nachhaltigen Energien — Photovoltaik, Wind oder Wasserkraft — betrieben, wird grüner Wasserstoff gewonnen, der aus klimatischer Sicht als die sauberste Form gilt. 
Er ist per Definition kohlenstofffrei, da sein einziges Nebenprodukt Wasser ist. Die Produktion benötigt jedoch viel elektrische Energie und weist in jeder Phase, von der Aufspaltung bis zur Speicherung, Effizienzverluste auf. 

Er ist heute auch die teuerste Form, aber nach Ansicht vieler Betreiber könnten durch Skaleneffekte und den Rückgang der Preise für erneuerbare Energien die Kosten bis 2030 auf bis zu 70 % sinken. 

Nukleare und solare Varianten 

Auf halbem Weg zwischen Innovation und Tradition befindet sich rosafarbener, violetter oder roter Wasserstoff, der durch Elektrolyse mittels Kernenergie gewonnen wird. 

Es entsteht kein direktes CO₂, aber die Frage nach dem Lebenszyklus der Kraftwerke und der Entsorgung radioaktiver Abfälle bleibt offen

In jüngster Zeit ist auch von gelbem Wasserstoff die Rede, der durch Elektrolyse ausschließlich mittels Sonnenenergie erzeugt wird, und von orangefarbenem Wasserstoff, der in experimentellen Prozessen hergestellt wird, bei denen Kunststoffabfälle in Wasserstoff umgewandelt werden, Technologien, die sich noch in der frühen Entwicklungsphase befinden. 

Das Geheimnis des weißen Wasserstoffs 

Dann gibt es noch eine faszinierende These: die des weißen oder natürlichen Wasserstoffs

Es handelt sich um freien Wasserstoff, der tief unter der Erde vorhanden ist und durch spontane geochemische Reaktionen in Gesteinen erzeugt wird. Erste geologische Untersuchungen — in Europa, Afrika und Asien — deuten auf bedeutende Reserven, eine große Kapazität zur kontinuierlichen Erzeugung und abgesehen vom Gewinnungsprozess auf keinerlei Umweltauswirkungen hin. 

Leider sind die Technologien zur Förderung noch unausgereift und aufgrund der hohen Kosten ist dieser Weg allenfalls Zukunftsmusik.  

Jenseits der Farben: der Maßstab für Nachhaltigkeit 

Wenngleich das Farbsystem zu stark zu vereinfachen scheint, ist es dennoch ein nützlicher Wegweiser: Zwei Wasserstoffarten der gleichen „Farbe“ können sich nämlich durchaus in der Energieeffizienz, den verwendeten Energiequellen und den Verlusten entlang der Lieferkette unterscheiden

Aus diesem Grund arbeiten Gremien wie die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) an strengeren und einheitlicheren Kriterien für die Einstufung von Wasserstoff auf der Grundlage der tatsächlichen Nachhaltigkeit und nicht nur der symbolischen Herkunft. 

Fazit: Die Zukunft jenseits des Regenbogens 

Wenn wir heute von grünem oder blauem Wasserstoff sprechen, beschreibt dies den Versuch, einem Thema, das sich noch in der Entwicklung befindet, „gemeinsame Koordinaten“ zu geben. Heute kann leider keine Farbkennzeichnung allein den gesamten Produktionszyklus, die Kosten und die Umweltauswirkungen abbilden, aber hinter diesem Regenbogen stehen das gemeinsame Ziel und das Bestreben, möglichst klimaneutralen Wasserstoff zu produzieren und einen entscheidenden Schritt in Richtung eines wirklich nachhaltigen Energiesystems zu gehen. 

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